Gehalt für ein duales Studium - Unterschied Netto und Brutto

Ein duales Studium bedeutet ein Doppelleben und auch ein Doppelaspekt in der Sozialversicherung: Student und Arbeitnehmer gleichzeitig.

Finanzierung

Studieren und Arbeiten

Wer sich für ein duales Studiums entscheidet, stellt sich zwei Herausforderungen gleichzeitig: Studieren, Lernen, Prüfungen auf der einen Seite, berufliche Praxis wie ein Angestellter auf der anderen Seite.
Finanzierung Doppelaspekt

Doppelaspekt der Finanzierung

Studienzeit und Arbeitszeit wechseln sich regelmäßig ab. Dieser Doppelaspekt hat grundsätzliche Auswirkungen auf die notwendigen wirtschaftlichen Entscheidungen für die dreijährige Ausbildungszeit. Der Doppelaspekt heißt in der Sozialversicherung: Student und Arbeitnehmer gleichzeitig.

Vom Brutto zum Netto

Anders als bei »normalen« Studenten, denen das Gehalt für einen Ferienjob ohne Abzüge auf das Girokonto überwiesen wird, wird das Bruttogehalt während des dualen Studiums durch den Arbeitgeber um Abgaben an Fiskus und die Träger der Sozialversicherung gemindert. Die Sozialabgaben teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Hälfte. Dazu müssen Sie dem Personalbüro mit Berufsbeginn bestimmte Unterlagen zur Verfügung stellen. Gemeint sind hier die Steuermerkmale, die Rentenversicherungsnummer, evtl. der Antrag zur Anlage der Vermögenswirksamen Leistungen sowie eine Bescheinigung der Krankenkasse. Auch die Angabe der zukünftigen Bankverbindung darf nicht fehlen. Ihre monatliche Gehaltsabrechnung könnte beispielhaft wie folgt aussehen (siehe Infokasten Gehaltsabrechnung). Der Weg vom Brutto zum Netto spiegelt alle wichtigen wirtschaftlichen Themen wider, die zum Berufseinstieg auf Ihrer Tagesordnung stehen. Im Folgenden werden wir diese Themen ihrer Bedeutung entsprechend vertiefen.

Steuern

Die Lohnsteuer wird bei Arbeitnehmern monatlich einbehalten und an das Finanzamt weitergeleitet. Diese Abzüge sind eine Vorauszahlung auf die tatsächliche jährliche Einkommensteuerschuld. Dabei sind der Grundfreibetrag und bestimmte Pauschbeträge bereits integriert. Steuerlich besonders wichtig sind die Werbungskosten. Dies sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Derart definierte Kosten kommen auf Sie als Berufseinsteiger sicherlich zu. Daher sollten Sie diesem Posten in Ihrem ersten Berufsjahr erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Die für Sie wichtigen Werbungskosten sind:

- Bewerbungskosten
- Umzugskosten
- Kosten für doppelte Haushaltsführung
- Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
- Kosten für Arbeitsmittel, z.B. PC/Laptop


Da Werbungskosten erfahrungsgemäß bei allen Arbeitnehmern anfallen, hat der Gesetzgeber bereits einen Werbungskosten-Pauschbetrag in die Lohnsteuertabellen eingearbeitet. Die Pauschale beträgt 1.000,- Euro jährlich. Nur wenn Sie Werbungskosten von mehr als 1.000,- Euro geltend machen können, wirken sich diese steuermindernd aus und führen nach Ablauf des Jahres zu einer Steuererstattung.

Sozialversicherungen

Während des dualen Studiums sind Sie Arbeitnehmer und Auszubildender (Azubi). Dies bedeutet, dass Sie in allen Zweigen der Sozialversicherung - wie in der Brutto-Netto-Rechnung dargestellt - sozialversicherungspflichtig sind. Was bedeutet dies im Einzelnen? Welche Leistungen stehen Ihnen zur Verfügung?

Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung als Pflichtversicherung wird von den gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherern mit gleichen Leistungen für den häuslichen und stationären Bereich angeboten. Der Beitragssatz beträgt 2,05% und wird hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Kinderlose zahlen ab 23 Jahre einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 0,25% des Gehalts. Die Kosten einer Pflege sind erheblich; dies gilt bereits heute und ist für die Zukunft nicht zu kalkulieren. Die Pflichtversicherung sieht für ihre Leistungen bestimmte Höchstgrenzen (max. 1.550,- Euro mtl.) vor.

Private Zusatzversicherungen stellen - je nach Pflegestufe - einen bestimmten Tagessatz zur Verfügung, andere Tarife übernehmen nach den gesetzlichen Leistungen verbleibende Kosten.

Krankenversicherung

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zwei Krankenversicherungssysteme: Die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und die Privaten Krankenversicherungen (PKV). Ein Wahlrecht zwischen den beiden Systemen haben nur Selbstständige, Beamte sowie Angestellte ab einer bestimmen Gehaltshöhe. Die Gehaltshöhe ist die »Jahresarbeitsentgeltgrenze« - JAEG abgekürzt, die 2013 bei 52.200,- Euro jährlich oder 4.350 Euro monatlich liegt. Während des dualen Studiums liegt Ihr Gehalt unter der JAEG, so dass Sie krankenversicherungspflichtig in einer Krankenkasse Ihrer Wahl sind. Beiträge und Leistungen sind vom Gesetzgeber weitestgehend festgeschrieben. Das gesetzliche System steht schon seit Jahren unter einem enormen Sparzwang. Die Leistungen werden kontinuierlich gekürzt: Zuzahlung bei Medikamenten, Regelleistungen z.B. Mehrbettzimmer im Krankenhaus, erhebliche Zuzahlungen beim Zahnersatz etc.

Als pflichtversichertes Mitglied einer GKV haben Sie die Möglichkeit, durch private Zusatzversicherungen in für Sie wichtigen Leistungsbereichen - z.B. stationäre Behandlung, Zahnersatz, Hilfsmittel, Lohnfortzahlung, Ausland - Ihren Schutz bei Krankheit zu ergänzen und auf diesem Wege den Status eines Privatpatienten zu erreichen.

Zusätzlich kann der Erwerb einer Option für einen kleinen Beitrag sinnvoll sein. Denn nach der Ausbildung werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit bald die JAEG gehaltlich überschreiten. Damit haben Sie die Möglichkeit, in das leistungsstärkere private System zu wechseln. Dafür sollten Sie über einen guten Gesundheitszustand verfügen. Schwere oder gar chronische Krankheiten machen einen Wechsel fast unmöglich.

Rentenversicherung

Der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung - für Sie die Deutsche Rentenversicherung (DRV) - ist der höchste im Bereich der Sozialversicherungen. Hier handelt es sich um eine Pflichtversicherung für alle Angestellten zur Absicherung der Arbeitskraft. Man spricht hier richtigerweise vom Thema Vorsorge, um alle Möglichkeiten und Wege der Absicherung der Arbeitskraft systematisch darzustellen. Inhaltlich geht es um die Fragen der Einkommensabsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und der Hinterbliebenen im Todesfall. Drei Ebenen stehen zur Verfügung: Basis (A), Zusatz (B) und Privat (C). Alle drei Bereiche werden hier kurz dargestellt; für individuelle Fragen und Entscheidungen nutzen Sie unbedingt fachmännischen Rat.

A. Basis

Die gesetzliche Rentenversicherung (DRV) stellt eine Grundabsicherung dar, deren Höhe von der Beitragsleistung während des Berufslebens abhängt. Der Beitrag bemisst sich - wie Sie unter »Vom Brutto zum Netto« sehen konnten - prozentual von Ihrem monatlichen Bruttogehalt. Derzeit beträgt der Beitragssatz 18,9%, wovon Ihr Arbeitgeber die Hälfte mitträgt. Beiträge können zu 76% (2013) - der Prozentsatz steigt jährlich um 2% - von der Steuer abgesetzt werden; im Gegenzug sind die Altersrenten ab 2040, d.h. für Sie, voll steuerpflichtig. Das gesetzliche Rentensystem basiert auf dem Generationenvertrag, der eine direkte Verwendung der jeweiligen Beiträge für die aktuellen Rentenleistungen vorsieht. Insofern hängt die Leistungsfähigkeit dieser Altersversorgung von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern ab. Die demographische Entwicklung in Deutschland stellt die Ausgewogenheit für die Zukunft erheblich in Frage. Wenn derzeit noch drei Erwerbstätige mit ihren Beiträgen einen Rentner finanzieren, wird sich dieses Verhältnis kontinuierlich verschlechtern. Eine zu geringe Geburtenrate in Deutschland und eine (erfreulich) längere Lebenserwartung verschärfen diese Entwicklung. Rentenkürzungen werden in Zukunft notwendig werden, um dieses Rentensystem stabil zu halten. Für alle Leistungen (im Alter, bei Erwerbsminderung, im Falle des Todes) gilt eine Wartezeit von fünf Jahren; Berufsstarter müssen beachten, dass bei Berufsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall grundsätzlich keine Renten vorgesehen sind. Lediglich bei Erwerbsminderung - der gesundheitlich bedingten Unfähigkeit für jegliche Erwerbstätigkeit - stehen Rentenansprüche zur Verfügung.

Fazit

Das Risiko der Berufsunfähigkeit kann gesetzlich nicht mehr abgesichert werden. Hier kommt nur noch ein privater Versicherungsschutz in Frage (Siehe Abschnitt C »Privat«). Eine kapitalgedeckte Form der Basisversorgung stellt die Rürup- Rente dar. Sie erlaubt eine variable Beitragszahlung und ist mit ihren Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nachgebildet. Für Berufsstarter ist diese Variante meist nicht geeignet.

B. Zusatz

Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmern häufig eine der fünf Formen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) an. Meist werden Gehaltsansprüche in Beiträge zu einer Direktversicherung oder Pensionskasse umgewandelt. Hierdurch lassen sich Steuern und Sozialabgaben sparen. Während des dualen Studiums können Sie diese positiven Effekte nicht in einem ausreichenden Maße nutzen, so dass eher die Riester-Rente den Vorzug bekommen sollte. Sie dient den in der Rentenversicherung pflichtversicherten Arbeitnehmern als notwendige Ergänzung für Kürzungen in der Rentenformel. Für Studenten eines dualen Studiengangs ist sie ideal. Wer mindestens 4% des Vorjahreseinkommens spart, erhält eine jährliche Zulage von 154 EUR. Für Kinder kommen nochmal 300 EUR hinzu. Wer im Jahr der Unterschrift unter den Riester-Vertrag das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bekommt einen zusätzlichen Bonus von 200 EUR. Bei später höheren Einkommen wird die steuerliche Absetzbarkeit der Riester-Beiträge zusätzlich interessant. Die wesentliche Leistung ist eine lebenslange Altersrente. Alternativ ist ein flexibler Einsatz für eigenes Wohneigentum jederzeit möglich.

Vermögenswirksame Leistungen

Viele Arbeitgeber zahlen ihren Arbeitnehmern Vermögenswirksame Leistungen - maximal bis 40 EUR monatlich. Um in den Genuss dieses Zusatzgeschenks zu kommen, müssen Sie diesen Betrag über den Arbeitgeber in eine der vom Gesetz vorgesehenen Sparformen anlegen. Im Vordergrund stehen dabei ein Bausparvertrag oder ein Aktieninvestmentkonto, weil beide zusätzlich durch den Staat mit der Arbeitnehmersparzulage oder der Wohnungsbauprämie gefördert werden.

C. Privat

Unter Privatvorsorge fasst man alle Absicherungs- und Sparformen zusammen, die eine lebenslange Rente, einen Schutz im Todesfall und eine Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit zum Ziel haben. Zugegeben: Zu Beginn der beruflichen Laufbahn schiebt man Themen wie Altersvorsorge und Aufgabe des Berufs wegen Krankheit oder Unfall gern weit von sich. Doch gerade das Thema der Berufsunfähigkeit ist ein typisches Thema für den Berufsstarter, weil die gesetzliche Rentenversicherung für diesen Fall keine Rente mehr vorsieht. Insbesondere Akademiker sollten sich um das Thema Berufsunfähigkeit kümmern, weil sie viel Zeit und Geld in ihre Ausbildung investiert haben. Eine gesunde Arbeitskraft ist die Grundlage für Einkommen und Lebensstandard der Zukunft. Experten sagen übereinstimmend, dass eine Versicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit wichtiger ist als eine Hausratversicherung. Achten Sie darauf, dass Sie nicht nur die allgemeine Erwerbsminderung oder Studierfähigkeit absichern, sondern als echte Berufsunfähigkeitsabsicherung den mit dem dualen Studium angestrebten Beruf. Der Einstieg in den Aufbau einer Privatrente - zunächst mit kleinem Beitrag - ist sinnvoll, um mit einer langen Laufzeit den Zinseszinseffekt zu sichern. Wenn dieser Sparprozeß dazu noch mit einer Beitragsbefreiung im Falle der Berufsunfähigkeit gekoppelt wird, haben Sie einen guten Teil der Altersvorsorge »in trockenen Tüchern«.

Haftpflicht-Versicherung

Wer Dritten einen Schaden zufügt, muss diesen ersetzen (§ 823 BGB). Die Schadenersatzpflicht ist unbegrenzt. Deshalb ist eine entsprechende Privathaftpflicht-Versicherung ein Muss. Sollte es sich bei dem dualen Studium um die erste Ausbildung handeln, ist eine Mitversicherung über die Eltern gegeben. Die Mitversicherung endet mit Ende der Ausbildung, mit dem Erwerb des Bachelorabschlusses oder durch Heirat.

Von Michael Melchior, A.S.I. Wirtschaftsberatung AG